Kapitel 25

Nat, 22. Juni 2009

 

Sobald ich höre, worüber Tommy Molto mit Richter Yee sprechen möchte, husche ich zum Tisch der Verteidigung, gehe in die Hocke und flüstere Stern zu, dass ich mir draußen die Beine vertrete. Sandy nickt ernst. Ich haste zur Tür, ehe Molto viel sagen kann.

Wenige Stunden nach Debby Diaz' Besuch am Wahltag hatte mein Dad herausgefunden, dass er angeklagt werden würde. In den Wochen nach dem Tod meiner Mutter hatte er seinen Wahlkampf mehr oder weniger auf Eis gelegt. Koll tat es ihm für kurze Zeit gleich, brachte aber Mitte Oktober wieder seine angriffslustigen Werbespots. Mein Dad reagierte mit eigenen offensiven Spots, doch die einzige Veranstaltung, an der er teilnahm, war eine Podiumsdiskussion, zu der ihn eine Wählerinnenvereinigung eingeladen hatte und die auch im Fernsehen übertragen worden war.

Der Wahlabend verlangte jedoch nach einer Party, weniger für ihn als für seine Wahlhelfer, die sich wochenlang für ihn eingesetzt hatten. Ich ließ mich kurz vor zehn Uhr dort blicken, weil Ray Horgan mich gebeten hatte, hinzukommen und mich auf Fotos mit meinem Dad ablichten zu lassen. Da ich wusste, dass Ray dort sein würde, bedrängte ich Anna nicht, als sie mich bat, allein hinzugehen.

Ray hatte eine große Ecksuite im Dulcimer gebucht, und als ich ankam, waren ungefähr zwanzig Leute da, die auf den Fernseher schielten, während sie sich um die Platten mit den Häppchen drängten. Mein Dad war nirgends zu sehen, und irgendwer bugsierte mich in einen Nebenraum, wo mein Dad in ein ernstes Gespräch mit Ray vertieft war. Sie waren allein im Zimmer, und wie ich mir schon gedacht hatte, schwirrte Ray ab, sobald er mich sah. Mein Dad hatte seinen Krawattenknoten tief heruntergezogen und sah noch abwesender und verbrauchter aus als in den ersten Wochen nach Moms Tod. Meine Eltern hatten es nie leicht miteinander gehabt, aber ihr Ableben schien ihn bis ins Innerste ausgehöhlt zu haben. Er war so tieftraurig, wie ich es nicht erwartet hätte.

Ich umarmte ihn und gratulierte, aber Debby Diaz hatte mich so nervös gemacht, dass ich ihn gleich darauf ansprach.

»Hab ich«, sagte er, als ich ihn fragte, ob er herausgefunden hatte, was das Ganze sollte. Er bedeutete mir, mich zu setzen. Ich nahm mir ein Stück Käse von einem Tablett auf dem Couchtisch zwischen uns. Mein Vater sagte: »Tommy Molto hat vor, gegen mich Anklage wegen Mordes an deiner Mutter zu erheben.« Er hielt meinen Blick fest, während das Festplattenlaufwerk in meinem Gehirn eine ganze Weile vergeblich arbeitete.

»Das ist doch verrückt, oder?«

»Es ist verrückt«, antwortete er. »Ich vermute, sie werden dich als Zeugen benennen. Sandy war heute Nachmittag bei ihnen, und sie haben ihm höflicherweise einen kleinen Einblick in ihre Beweise gegeben.«

»Ich? Wieso bin ich Zeuge?«

»Du hast nichts falsch gemacht, Nat, aber das soll dir Sandy erklären. Ich sollte nicht mit dir über die Beweislage reden.

Aber es gibt ein paar Dinge, die ich dir lieber selbst sagen möchte.«

Mein Dad stand auf und schaltete den Fernseher ab. Dann ließ er sich zurück in den Polstersessel fallen. Er sah aus, wie alte Leute aussehen, wenn sie den Faden verloren haben und sich Unsicherheit auf ihrem Gesicht ausbreitet, mit einem leichten Beben in der Kinnpartie. Mir ging es nicht besser. Ich spürte, dass mir jeden Augenblick die Tränen kommen würden. Irgendwie hat es mich schon immer verlegen gemacht, vor meinem Dad zu weinen, weil ich weiß, dass er so etwas nie tun würde.

»Ich bin sicher, es kommt heute Abend in den Nachrichten und morgen in den Zeitungen«, sagte er. »Sie haben das Haus gegen sechs Uhr durchsucht, sobald die Wahllokale geschlossen hatten. Da war Sandy noch bei der Staatsanwaltschaft. Nette Geste«, sagte mein Vater und schüttelte den Kopf.

»Wonach suchen sie denn?«

»Ich weiß es nicht genau. Ich weiß, dass sie meinen Computer mitgenommen haben. Was problematisch ist, weil da so viel vertrauliches Material vom Gericht drauf ist. Sandy hat schon mit George Mason gesprochen.« Mein Dad schaute zu den schweren Brokatvorhängen mit Paisleymuster hinüber, hässliche Dinger, von denen anscheinend irgendwer gedacht hatte, sie sähen luxuriös aus. Er schüttelte leicht den Kopf, weil er wusste, dass er vom Thema abgeglitten war. »Nat, wenn du mit Sandy über den Fall sprichst, wirst du einiges erfahren, von dem ich weiß, dass es dich enttäuschen wird.«

»Was denn?«

Er faltete die Hände im Schoß. Ich habe die Hände meines Vaters schon immer geliebt, groß und dick, rau zu jeder Jahreszeit.

»Letztes Jahr war ich mit jemandem zusammen, Nat.«

Zuerst verstand ich nicht, was er sagen wollte.

»Meinst du eine Frau? Du warst mit einer anderen Frau zusammen?«

»Zusammen sein«, das klang so schön harmlos.

»Richtig.« Ich merkte, dass mein Dad versuchte, tapfer zu sein und nicht wegzusehen.

»Wusste Mom davon?«

»Ich hab es ihr nie gesagt.«

»Mein Gott, Dad.«

»Es tut mir leid, Nat. Ich will nicht mal versuchen, es irgendwie zu erklären.«

»Richtig, lass es lieber«, sagte ich. Mir hämmerte das Herz, und ich war rot angelaufen, und dachte gleichzeitig, Warum zum Teufel schäme ich mich denn? »Verdammt, Dad. Wer war sie?«

»Das spielt doch wirklich keine Rolle, oder? Sie ist sehr viel jünger. Ich bin sicher, ein Psychologe würde sagen, ich hätte versucht, meine Jugend nachzuholen. Es war schon lange aus und vorbei, als deine Mutter starb.«

»Kenne ich sie?«

Er schüttelte mit Nachdruck den Kopf.

»Verdammt«, sagte ich noch mal. Ich war noch nie schnell von Begriff. Egal worum es geht, ich muss die Dinge eine Weile in mir gären lassen, ehe ich eine eigene Meinung entwickele, und ich sah ein, dass ich mich mit dieser Neuigkeit ziemlich lange würde rumschlagen müssen. Nur eines wusste ich ganz sicher, nämlich dass das absolut nicht cool war und ich wegwollte. Ich stand auf und sagte das Erste, was mir in den Sinn kam. »Verdammt noch mal, Dad. Warum hast du dir nicht lieber einen Scheißsportwagen gekauft?«

Seine Augen blickten zu mir hoch und senkten sich wieder. Ich sah ihm an, dass er sozusagen bis zehn zählte. Die Missbilligung meines Vaters hat zwischen uns beiden schon immer zu Problemen geführt. Er hält sich für stoisch und unergründlich, aber ich merke unweigerlich, wenn seine Stirn sich kräuselt, und sei es auch nur minimal, und seine Pupillen dunkler werden. Und die Wirkung auf mich ist ähnlich hart wie eine Ohrfeige. Selbst in diesem Moment, wo ich doch alles Recht der Welt hatte, wütend zu sein, schämte ich mich für meine Bemerkung.

Endlich antwortete er leise.

»Weil ich wohl keinen Scheißsportwagen haben wollte«, sagte er.

Ich hatte eine Papierserviette in der Faust zusammengeknüllt und warf sie jetzt auf den Tisch. »Noch etwas, Nat.«

Ich war inzwischen zu aufgewühlt, um noch zu reden.

»Ich habe deine Mutter nicht getötet. Ich kann dir das jetzt nicht alles erklären, aber dieser Fall ist alter Wein in neuen Schläuchen. Ein Haufen abgestandener Schwachsinn von einem Besessenen, der einfach nicht loslassen kann.« Mein Vater, normalerweise der Inbegriff der Mäßigung, wirkte selbst verblüfft über seine unverblümte Einschätzung des Staatsanwalts. »Aber glaube mir. Ich habe nie jemanden getötet. Und erst recht nicht deine Mutter, Gott ist mein Zeuge. Ich habe sie nicht getötet, Nat.« Seine blauen Augen blickten erneut in meine.

Ich stand über den Tisch gebeugt und hatte nur noch den Wunsch, endlich abzuhauen, also stieß ich einfach ein »Ich weiß« hervor und ging.

 

Marta Sterns Kopf schaut aus der Tür zum Gerichtssaal. Sie hat dieses zerzaust wirkende, rötliche Lockenhaar, trägt lange moderne Ohrringe mit buntem Glas darin und hat das leicht vertrocknete Aussehen einer ehemals dicken Person, die dünn geworden ist, indem sie Sport treibt wie eine "Wahnsinnige. Während des Prozesses war sie bis jetzt sozusagen für mich verantwortlich, irgendwas zwischen Schutzengel und Aufpasserin.

»Es geht los.« Während ich neben ihr hergehe, fasst sie meinen Arm und flüstert: »Yee ist bei seiner Entscheidung geblieben.«

Ich zucke die Achseln. Wie so oft, bin ich auch diesmal unsicher, ob ich erleichtert sein soll, weil ich nun nicht gezwungen sein werde, Gleichgültigkeit zu heucheln, während ich vor aller Augen Details über die Affäre meines Vaters erfahre, oder ob ich das Kreuzverhör nicht sogar selbst machen will. Ich sage etwas, das ich schon zahllose Male gedacht habe, seit dieser ganze Wahnsinn anfing.

»Bringen wir's hinter uns.«

Ich nehme meinen Platz in der ersten Reihe im selben Moment ein, als die Geschworenen zurück in den Saal kommen. Tommy Molto steht bereits vor meinem Dad, ein bisschen wie ein Boxer, der von seinem Hocker aufgesprungen ist, ehe die Glocke ertönt. Neben meinem Vater ist die Leinwand wieder geöffnet worden, auf der die Staatsanwaltschaft den Geschworenen digitale Dias von verschiedenen Unterlagen gezeigt hat, die als Beweismittel zugelassen wurden.

»Bitte, Mr Molto, fahren Sie fort«, sagt Richter Yee, als die sechzehn Geschworenen - vier als Ersatz - wieder in den verspielten Holzsesseln der Jury Platz genommen haben.

»Richter Sabich«, sagt Molto.

»Mr Molto.« Mein Dad nickt leicht, als wüsste er schon seit tausend Jahren, dass sie beide sich irgendwann so gegenüberstehen würden.

»Mr Stern hat Sie gefragt, ob Sie die Aussagen der Zeugen der Anklage gehört haben.«

»Ich erinnere mich.«

»Ich möchte Sie nun zu diesen Aussagen befragen und dazu, wie Sie sie verstanden haben.«

»Natürlich«, sagt mein Vater. Als Zeuge in diesem Fall darf ich nicht zu den Anwälten gehören, die meinen Dad vertreten, aber ich helfe den Sterns abends nach Verhandlungsende, Sachen zurück in ihre Kanzlei zu bringen. Nun, da ich meine Zeugenaussage für die Anklage hinter mir habe, bleibe ich meistens noch da, bis Anna Feierabend hat. An den letzten drei Abenden hat das Anwaltsteam meines Dads in einem Konferenzraum bei Stern & Stern sein Kreuzverhör geprobt. Ray Horgan war da, um meinen Dad in die Mangel zu nehmen, und Stern und Marta und Ray und Mina Oberlander, die sie extra engagiert haben, weil sie die Reaktion der Geschworenen einschätzen soll, gingen hinterher die Videoaufzeichnung durch und gaben meinem Dad Tipps. In der Hauptsache wurde ihm empfohlen, kurz und bündig zu antworten und, falls er widerspricht, möglichst keinen unkooperativen Eindruck zu erwecken. Im Kreuzverhör kommt es vor allem für den Angeklagten darauf an, so zu wirken, als hätte er nichts zu verbergen.

»Sie haben die Aussage von John Harnason gehört?«

»Ja.«

»Ist es zutreffend, dass Sie Mr Harnason in einem Gespräch unter vier Augen zu verstehen gaben, dass seine Berufung abgelehnt werden würde?«

»Das ist zutreffend«, sagt mein Dad in dieser einstudierten knappen und prompten Art zu antworten. Mir ist diese Tatsache seit letzten November bekannt, aber die Bestätigung meines Vaters kommt für viele im Gerichtssaal überraschend, und ein spürbarer Ruck geht durch den Raum und durch die Geschworenenbank, wo einige John Harnason gewiss so eigenartig fanden, dass sie ihn für unglaubwürdig hielten. Tommy Molto spitzt offensichtlich verblüfft die dünnen Lippen. Er hat Mel Tooley als Zeugen in der Hinterhand und hatte vermutlich gehofft, meinen Dad fertigzumachen, falls der abgestritten hätte, Harnason informiert zu haben.

»Sie haben Richter Masons Aussage während der Beweiserhebung der Anklage gehört, dass Sie damit gegen etliche Grundprinzipien richterlichen Verhaltens verstoßen haben, nicht wahr?«

»Ich hab seine Aussage gehört.«

»Sind Sie anderer Ansicht als er?«

»Nein.«

»Richter Sabich, war es ungebührlich, mit einem Angeklagten über seinen Fall zu sprechen, während dieser Fall noch nicht entschieden war?«

»Zweifellos.«

»Damit haben Sie gegen die Regel verstoßen, dass bei Gesprächen über einen anhängigen Fall stets beide Parteien anwesend sein sollten, richtig?«

»Vollkommen.«

»Und stand es Ihnen als Richter am Berufungsgericht frei, die Entscheidungen des Gerichts offenzulegen, ehe diese bekannt gemacht wurden?«

»Es gibt keine ausdrückliche Vorschrift, die dies untersagt, Mr Molto, aber ich wäre von jedem anderen Gerichtsmitglied, das so etwas getan hätte, enttäuscht gewesen, und ich halte es für eine schwerwiegende Fehleinschätzung meinerseits.«

Als Reaktion auf dieses Eingeständnis meines Vaters lässt sich Molto von meinem Dad bestätigen, dass ausgeklügelte Sicherheitsmaßnahmen am Berufungsgericht ein verfrühtes Bekanntwerden von richterlichen Entscheidungen verhindern sollen und dass auch Referendare und andere Mitarbeiter bei ihrer Einstellung ausdrücklich zum Stillschweigen ermahnt werden.

»Nun, Richter Sabich, wie viele Jahre sind Sie schon Richter?«

»Einschließlich meiner Zeit als Prozessrichter am Kammergericht?«

»Genau.«

»Seit über zwanzig Jahren.«

»Und wie oft haben Sie während dieser vollen zwei Jahrzehnte als Richter eine noch nicht bekannt gegebene Entscheidung nur einer der beiden Parteien verraten?«

»Das habe ich nie getan, Mr Molto.«

»Dann war Ihr Verhalten also nicht nur ein schwerwiegender Verstoß gegen die Regeln, sondern auch gegen die Art, wie Sie Ihr Amt stets ausgefüllt haben?«

»Es war eine schlimme Fehleinschätzung.«

»Es war doch wohl mehr als nur eine Fehleinschätzung, Richter Sabich. Es war ungebührlich.«

»Wie ich schon sagte, Mr Molto, es gibt keine ausdrückliche Vorschrift, aber ich bin mit Richter Mason einer Meinung, dass es zweifellos falsch war, Mr Harnason über den Ausgang des Verfahrens in Kenntnis zu setzen. In der damaligen Situation erschien es mir als reine Formalität, weil ich wusste, dass der Fall endgültig abgeschlossen war. Ich bin gar nicht auf den Gedanken gekommen, dass Mr Harnason daraufhin die Flucht ergreifen könnte.«

»Sie wussten, dass er gegen Kaution auf freiem Fuß war?«

»Selbstverständlich. Ich habe die Kaution gewährt.«

»Genau darauf wollte ich hinaus«, sagt Molto. Klein, kompakt, mit seiner bauchigen Form und dem verbrauchten Gesicht, wendet sich Tommy schwach lächelnd den Geschworenen zu. »Sie wussten, dass er für den Rest seines Lebens ins Gefängnis wandern würde, sobald seine Verurteilung bestätigt wäre.«

»Natürlich.«

»Aber Sie sind nicht auf den Gedanken gekommen, dass er fliehen könnte?«

»Bis dahin war er nicht geflohen, Mr Molto.«

»Aber nach der Entscheidung Ihres Gerichts blieben ihm realistischerweise keine Möglichkeiten mehr, nicht wahr? Sie waren doch sicher, dass das Oberste Bundesstaatsgericht seinen Fall ablehnen würde, oder etwa nicht? Sie sagten Harnason, dass für ihn Endstation war, richtig?«

»Das ist richtig.«

»Und da wollen Sie uns erzählen, dass Sie, der Sie wie lange Staatsanwalt waren - fünfzehn Jahre?«

»Fünfzehn Jahre.«

»Nachdem Sie fünfzehn Jahre Staatsanwalt und anschließend zwanzig Jahre Richter waren, kam Ihnen nicht in den Sinn, dass dieser Mann im Voraus wissen wollte, wie die Entscheidung ausfallen würde, um gegebenenfalls zu fliehen?«

»Er machte einen sehr aufgewühlten Eindruck, Mr Molto. Er sagte mir, wie er das auch hier bei seiner Zeugenaussage zugegeben hat, dass er von Angst überwältigt war.«

»Er hat Sie ausgetrickst?«

»Ich glaube, Mr Harnason hat ausgesagt, dass er den Beschluss zur Flucht erst fasste, nachdem er von der Entscheidung erfahren hatte. Es war, wie gesagt, ein Fehler, ihm die Entscheidung zu verraten, unter anderem auch deshalb, weil damit das Risiko entstand, dass er untertauchen würde. Und doch, zum damaligen Zeitpunkt kam mir nicht in den Sinn, dass er die Flucht ergreifen würde.«

»Weil Sie mit den Gedanken woanders waren?«

»Wahrscheinlich.«

»Nämlich bei der Frage, wie Sie Ihre Frau vergiften könnten, nicht wahr?«

Das sind die Schliche und Tricks im Gerichtssaal. Molto weiß, dass mein Dad wahrscheinlich Angst hatte, mit seiner Geliebten erwischt zu werden. Aber das kann er nicht sagen. Er muss sich mit einem schlichten »Nein« als Antwort begnügen.

»Richter Sabich, würden Sie sagen, dass Sie Mr Harnason einen Gefallen erwiesen haben?«

»Ich weiß nicht, ob ich das so nennen würde.«

»Nun, er bat Sie um etwas Ungebührliches, und Sie taten ihm den Gefallen. Richtig?«

»Richtig.«

»Und als Gegenleistung - als Gegenleistung wollten Sie von ihm wissen, wie das war, jemanden zu vergiften, nicht wahr?«

Eine goldene Regel beim Kreuzverhör besagt, dass man niemals eine Frage stellen sollte, deren Antwort man nicht kennt. Wie mein Vater mir oft genug erklärt hat, ist diese Regel nicht unbegrenzt anwendbar. Genauer gesagt lautet die Regel, dass man niemals eine Frage stellen sollte, deren Antwort man nicht kennt - wenn einem die Antwort wichtig ist. In diesem Fall muss Molto das Gefühl haben, auf sicherem Boden zu sein. Falls mein Vater abstreitet, danach gefragt zu haben, wie das war, jemanden zu vergiften, wird Molto Harnasons Glaubwürdigkeit untermauern, indem er die Teile des Gesprächs aufzählt, die mein Dad bereits bestätigt hat.

»Es gab keine »Gegenleistung«, Mr Molto.«

»Ach nein? Wollen Sie damit sagen, dass Sie gegen all diese Regeln verstießen und Mr Harnason eine Information zukommen ließen, die er unbedingt haben wollte - ohne den Gedanken gehegt zu haben, dass Mr Harnason auch etwas für Sie tun könnte?«

»Ich habe es getan, weil ich Mitleid für Mr Harnason empfand und aufgrund von Schuldgefühlen, weil ich ihn, als Sie und ich noch beide junge Staatsanwälte waren, wegen eines Delikts ins Gefängnis geschickt habe, von dem ich heute glaube, dass es diese Strafe nicht rechtfertigte.«

Überrumpelt starrt Tommy meinen Dad an. Er weiß - genau wie jeder andere im Saal -, dass mein Dad die Geschworenen nicht nur an seine frühere Beziehung zu Tommy erinnern will, sondern auch daran, dass Anklagevertreter manchmal zu weit gehen.

»Also, Sie haben Mr Harnasons Aussage gehört?«

»Das hatten wir bereits geklärt.«

Die leicht schnippische Antwort ist das erste Anzeichen dafür, dass mein Dad die Situation nicht völlig unter Kontrolle hat. Stern lehnt sich zurück und sieht ihm in die Augen, eine Aufforderung an ihn, sich zusammenzureißen.

»Wollen Sie behaupten, Mr Harnason habe gelogen, als er aussagte, Sie hätten ihn gefragt, wie es war, jemanden zu vergiften?«

»Ich habe das Gespräch nicht genauso im Gedächtnis wie Mr Harnason, aber ich erinnere mich, dass diese Frage gestellt wurde.«

»Von Ihnen gestellt wurde?«

»Ja, ich habe ihn das gefragt. Ich wollte -«

»Verzeihung, Richter Sabich. Ich habe nicht danach gefragt, was Sie wollten. An wie vielen Verhandlungen haben Sie als Staatsanwalt oder Prozessrichter oder Richter am Berufungsgericht aktiv oder beobachtend teilgenommen?«

Im Zeugenstand lächelt mein Dad wehmütig in Gedanken an die vergangene Zeit.

»Das kann ich unmöglich sagen. An Tausenden.«

»Und nach Tausenden von Verhandlungen, Richter Sabich, wissen Sie doch sicherlich, dass Sie die Fragen beantworten sollen, die ich Ihnen stelle, nicht die Fragen, die Sie gern gestellt bekämen?«

»Einspruch«, sagt Stern.

»Abgelehnt«, sagt Yee. Bei einem normalen Zeugen könnte man Tommy vielleicht Einschüchterung unterstellen, aber bei einem Richter im Zeugenstand hat er mehr Spielraum.

»Das weiß ich, Mr Molto.«

»Ich habe Sie lediglich Folgendes gefragt: Haben Sie Mr Harnason gefragt, wie das war, jemanden zu vergiften?«

Mein Vater zögert nicht. Er sagt: »Das habe ich.« Sein gequälter Tonfall deutet an, dass sehr viel mehr dahintersteckt, aber dennoch läuft prompt genauso ein Raunen durch den Saal, wie ich es immer unrealistisch fand in Fernsehserien wie Law & Order, die ich als Kind regelmäßig gekuckt habe, weil ich dabei das Gefühl hatte, mir Videoaufnahmen von meinem Dad bei der Arbeit anzuschauen. Tommy Molto hat gepunktet.

Ehe sich die Unruhe legt, wird Tommy von Brand an den Tisch der Anklagevertretung gewinkt. Der Erste Staatsanwalt flüstert ihm etwas zu, und Tommy nickt.

»Ja, Mr Brand hat mich gerade auf etwas hingewiesen. Der Klarheit halber, Richter Sabich, als Ihre Frau starb, war Mr Harnason noch nicht wieder gefasst worden, richtig?«

»Ich denke, das ist richtig.«

»Er war über ein Jahr lang untergetaucht?«

»Ja.«

»Dann hatten Sie also, als Ihre Frau starb, keinen ernsthaften Grund zur Besorgnis, Mr Harnason würde der Polizei von Ihrer Frage erzählen, wie es war, jemanden zu vergiften?«

»Offen gestanden, Mr Molto, hab ich über diesen Teil des Gesprächs nie nachgedacht. Mir machte viel mehr die Tatsache zu schaffen, dass ich Harnason unabsichtlich den Anlass zur Flucht geliefert hatte.« Nach einer Sekunde fügt er hinzu: »Mein Gespräch mit Mr Harnason fand über fünfzehn Monate vor dem Tod meiner Frau statt, Mr Molto.«

»Bevor Sie sie vergifteten.«

»Ich habe sie nicht vergiftet, Mr Molto.«

»Nun, das werden wir noch sehen, Richter Sabich. Haben Sie für die Berufungsverhandlung das Protokoll von Mr Harnasons Prozess gelesen?«

»Selbstverständlich.«

»Könnte man sagen, dass Sie das Protokoll sorgfältig gelesen haben?«

»Ich hoffe doch, dass ich jedes Prozessprotokoll gründlich lese, bevor ich über eine Berufung entscheide.«

»Und Mr Harnason hatte seinen Lebensgefährten mit Arsenik vergiftet, Richter Sabich. Ist das richtig?«

»Die Anklagevertretung vertrat diese Auffassung.«

»Und Mr Harnason bestätigte Ihnen, dass er das getan hatte?«

»Das ist richtig, Mr Molto. Ich dachte, wir sprechen darüber, was im Protokoll stand.«

Molto nickt. »Danke für die Richtigstellung, Richter Sabich.«

»Deshalb habe ich Mr Harnason ja auch gefragt, wie es war, jemanden zu vergiften - weil er zugegeben hatte, dass er es getan hatte.«

Molto blickt auf, und auch Stern legt seinen Stift aus der Hand. Richter Yee hat angeordnet, dass der Rest des Gesprächs zwischen Harnason und meinem Vater, bei dem es um den ersten Prozess ging, nicht zur Sprache kommen darf. Mein Vater hat gegenüber Molto wieder ein wenig Boden gutgemacht, aber ich sehe Sandy an, dass er fürchtet, mein Vater könnte sich zu weit vorwagen und die Tür zu einem weit gefährlicheren Thema aufstoßen. Molto scheint kurz darüber nachzudenken, entscheidet sich aber dann, auf seinem alten Kurs zu bleiben.

»Nun, dieses Protokoll enthielt unter anderem eine sehr detaillierte Aufzählung der Wirkstoffe, auf die American Medical Service, das Labor, das für die Rechtsmedizin von Kindle County arbeitet, bei der toxikologischen Untersuchung von Blutproben, die bei einer Obduktion entnommen wurden, routinemäßig testet. Erinnern Sie sich daran, dass Sie diese Aufzählung gelesen haben?«

»Ich gehe davon aus, dass ich sie gelesen habe, Mr Molto.«

»Und daraus geht hervor, dass es sich bei Arsenik um einen Wirkstoff handelt, der bei einer herkömmlichen toxikologischen Untersuchung nicht erfasst wird. Ist das richtig?«

»Daran erinnere ich mich.«

»Und aus diesem Grund wäre Mr Harnason beinahe nicht des Mordes überführt worden, nicht wahr?«

»Wenn ich mich recht erinnere, kam der Rechtsmediziner zunächst zu dem Ergebnis, dass Mr Millan eines natürlichen Todes gestorben war.«

»Was der Rechtsmediziner anfänglich auch bei Mrs Sabich annahm. Richtig?«

»Ja.«

»Nun, Richter Sabich, ist Ihnen eine Gruppe von Medikamenten bekannt, die als >MAO-Hemmer< bezeichnet werden?«

»Mit diesem Terminus konnte ich früher nicht viel anfangen, aber inzwischen ist er mir sehr wohl geläufig, Mr Molto.«

»Und wie steht es mit einem Medikament namens Phenelzin. Ist Ihnen auch das bekannt?«

»Allerdings, ja.«

»Woher kennen Sie Phenelzin?«

»Phenelzin ist ein Antidepressivum, das meine Frau gelegentlich einnahm. Es wurde ihr über Jahre hinweg verschrieben.«

»Und Phenelzin ist ein MAO-Hemmer, nicht wahr, Richter Sabich?«

»Heute weiß ich das, Mr Molto.«

»Sie wissen es schon ziemlich lange, nicht wahr?«

»Das kann ich wirklich nicht sagen.«

»Nun, Richter Sabich, Sie haben die Aussage des Zeugen der Anklage Dr. Gorvetich gehört, nicht wahr?«

»Ja.«

»Und Sie werden sich gewiss daran erinnern, dass er eine forensische Untersuchung erläuterte, die er an Ihrem Privatcomputer vornahm, nachdem das Gerät bei Ihnen zu Hause sichergestellt worden war. Hab ich recht?«

»Ich erinnere mich an seine Aussage und daran, dass mein Haus auf Ihre Anweisung hin durchsucht und mein Computer beschlagnahmt wurde.« Mein Dad ist bemüht, nicht zu verbittert zu klingen, aber er unterstreicht ganz bewusst die Verletzung seiner Privatsphäre.

»Sie werden sich zudem an Dr. Gorvetichs Aussage erinnern, dass laut dem Cachespeicher Ihres Webbrowsers zu einem bestimmten Zeitpunkt, den er auf Ende September 2008 eingrenzen konnte, auf ihrem Computer zwei Seiten aufgerufen wurden, auf denen es um Phenelzin geht.«

»Ich erinnere mich an diese Aussage.«

»Werfen wir einen Blick auf diese Seiten, Richter Sabich.« Tommy wendet sich einem Assistenten am Tisch der Staatsanwaltschaft zu und nennt die Nummer eines Beweisstücks. Die leere Leinwand neben meinem Dad füllt sich, und Tommy hebt mit einem Laser-Pointer eine Passage hervor, die er laut vorliest. »>Phenelzin ist ein Monoaminooxidase-Hemmer (MAO-Hemmer).< Sehen Sie das?«

»Natürlich.«

»Erinnern Sie sich daran, dass Sie das Ende September 2008 gelesen haben, Richter Sabich?«

»Nein, ich erinnere mich nicht, Mr Molto, aber ich verstehe, worauf Sie hinauswollen.«

»Und im Prozessprotokoll Harnason, Beweisstück der Anklage Nummer 47, das Sie, wie Sie vorhin selbst sagten, gelesen haben, steht auf Seite 463, dass bei einer toxikologischen Untersuchung, die im Rahmen einer Obduktion nach einem plötzlichen Todesfall routinemäßig erfolgt, nicht auf MAO-Hemmer getestet wird. Ist das korrekt?«

»Ja, das steht da.«

Dann holt Molto die Urteilsbegründung von Richterin Hamlin, die sie für sich und Richter Mason im Fall Harnason geschrieben hatte, auf die Leinwand. Auch darin steht, dass bei Obduktionen genommene Blutproben nicht auf Arsenik und viele andere Wirkstoffe wie zum Beispiel MAO-Hemmer untersucht werden.

»Haben Sie die Urteilsbegründung von Richterin Hamlin gelesen?«

»Ja, Sir. Mehrere Entwürfe.«

»Dann wissen Sie also, dass eine Überdosis Phenelzin bei einer routinemäßigen toxikologischen Untersuchung nicht bemerkt werden würde, hab ich recht, Richter Sabich? Genau wie das Arsenik, mit dem Mr Harnasons Lebensgefährte getötet wurde?«

»Einspruch, argumentativ«, sagt Stern.

Richter Yee wackelt mit dem Kopf, als wäre das keine große Sache, sagt aber: »Stattgegeben.«

»Lassen Sie mich die Frage folgendermaßen formulieren, Richter Sabich: Haben Sie Ihre Frau mit Phenelzin getötet, weil Sie wussten, dass es bei einer routinemäßigen toxikologischen Untersuchung nicht nachgewiesen werden würde, und Sie daher hofften, dass man ihren Tod natürlichen Ursachen zuschreiben würde?«

»Nein, Mr Molto, das habe ich nicht.«

Tommy legt eine kleine Pause ein und geht ein paar Schritte hin und her. Der Kernpunkt seiner Argumentation ist klar geworden.

»Richter Sabich, haben Sie die Aussage von Officer Krilic gehört, der am Tag nach dem Tod Ihrer Frau den Inhalt ihres Arzneischranks sicherstellte?«

»Ich weiß noch, dass Officer Krilic mich fragte, ob er die Medikamente mitnehmen könne, anstatt bei uns im Haus alles umständlich aufzulisten, und ich weiß noch, dass ich ihm die Erlaubnis erteilte, Mr Molto.«

»Es hätte ziemlich verdächtig gewirkt, wenn Sie sich geweigert hätten, nicht wahr?«

»Ich habe ihm gesagt, er solle alles tun, was er tun müsse, Mr Molto. Falls ich gewollt hätte, dass niemand die Tablettenfläschchen untersucht, hätte ich mir bestimmt eine Begründung einfallen lassen können, warum er sich vor Ort die Namen der Medikamente notieren sollte.«

Am Tisch der Staatsanwaltschaft tut Jim Brand so, als wollte er sich ans Kinn fassen, während er mit den Fingern eine Kreiselbewegung Richtung Molto macht. Er signalisiert Molto, zum nächsten Punkt zu kommen. Mein Dad hat gerade gepunktet.

»Kommen wir zur Sache, Richter Sabich. Das da sind Ihre Fingerabdrücke auf dem Phenelzinfläschchen aus dem Arzneischrank Ihrer Frau, richtig?« Tommy ruft die Nummer eines Beweisstücks, und ein Assistent der Staatsanwaltschaft wirft eine Bilderserie an die Leinwand, die einige goldene Fingerabdrücke auf einem schimmernden Untergrund zeigt. Mit Gold mattiert, sehen die Abdrücke aus wie aus der Bundeslade entnommen.

»Ich habe Dr. Dickermans Aussage gehört.«

»Wir alle haben seine sachverständige Meinung gehört, dass das Ihre Fingerabdrücke sind, Richter Sabich, aber jetzt frage ich Sie vor den Geschworenen.« Tommy deutet mit einer ausladenden Bewegung auf die sechzehn Personen hinter ihm. »Ich frage Sie, ob Sie einräumen, dass die Fingerabdrücke auf dem Phenelzinfläschchen Ihrer Frau tatsächlich von Ihnen sind.«

»Ich habe Barbaras Medikamente regelmäßig in der Apotheke abgeholt und sie oft auch in ihren Arzneischrank geräumt. Ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln, dass das da meine Fingerabdrücke sind. Ich erinnere mich, dass Barbara in der Woche vor ihrem Tod einmal gerade im Garten arbeitete, als ich nach Hause kam. Ihre Hände waren schmutzig, und sie bat mich, ihr ein Fläschchen zu zeigen, das ich abgeholt hatte, und es dann in ihren Arzneischrank zu stellen, aber ich kann Ihnen nicht mit Sicherheit sagen, ob das Phenelzin war.«

Molto starrt ihn kurz mit einem angedeuteten Grinsen an und genießt die offensichtliche Zweckdienlichkeit dieser Erklärung.

»Sie sagen also, die Abdrücke rühren daher, dass Sie Ihrer Frau das von Ihnen abgeholte Fläschchen gezeigt haben?«

»Ich sage, dass das eine Möglichkeit ist.«

»Gut, dann schauen wir mal etwas genauer hin, Richter Sabich.« Tommy geht zum Tisch der Staatsanwaltschaft und kommt mit dem Fläschchen in einem Plastikbeutel zurück. »Zu Beweisstück Nummer 1 - das Phenelzin, das Sie vier Tage vor dem Tod Ihrer Frau in der Apotheke abholten - sagen Sie aus, dass Sie es Ihrer Frau zeigten, etwa so?« Er umfasst das Fläschchen im Plastikbeutel und hält es meinem Vater hin.

»Wie gesagt, falls ich ihr tatsächlich Phenelzin gezeigt habe, dann ja.«

»Und ich halte das Fläschchen zwischen meinem rechten Daumen und der Seite meines Zeigefingers, richtig?«

»Richtig.«

»Und mein rechter Daumen zeigt nach unten auf das Etikett vorne auf dem Fläschchen, nicht wahr?«

»Ja.«

»Aber wenn wir uns noch einmal Beweisstück 1A anschauen, die Aufnahme der Fingerabdrücke, die Dr. Dickerman entwickelt hat, dann weisen drei der vier Abdrücke, Ihr rechter Daumen, Ihr rechter Zeigefinger und Ihr rechter Mittelfinger, in Richtung auf das Etikett nach oben. Nicht wahr?«

Mein Dad betrachtet die Aufnahme einen Moment lang. Dann nickt er und wird von Richter Yee aufgefordert, fürs Protokoll laut zu sprechen.

»Ich musste in die Tüte greifen, um das Fläschchen herauszuholen, Mr Molto.«

»Aber die Abdrücke sind unten an der Flasche, nicht wahr, Richter Sabich?«

»Vielleicht stand das Fläschchen in der Tüte auf dem Kopf.«

»Laut Dr. Dickermans Aussage deuten Länge und Breite all dieser Abdrücke darauf hin, dass Sie das Fläschchen fest umfassten, um den kindersicheren Verschluss zu öffnen. Haben Sie diese Aussage gehört?«

»Ja. Aber vielleicht habe ich es auch fest umfasst, um es aus der Tüte zu ziehen.«

Molto fixiert ihn mit einem weiteren angedeuteten Lächeln. Mein Dad hat sich bislang ganz gut geschlagen, mal abgesehen von der Tatsache, dass auf dem Fläschchen keine Fingerabdrücke von meiner Mutter sind.

»Kommen wir auf die Apotheke zu sprechen, Richter Sabich. Am 25. September 2008, vier Tage vor dem Tod Ihrer Frau, wurden in Ihrer Apotheke zehn Phenelzintabletten gekauft.«

»So ist die Beweislage.«

»Und die Unterschrift auf dem Kreditkartenbeleg, Beweisstück 42, das ist Ihre, nicht wahr?« Eine Aufnahme des Belegs, der nach der Zulassung als Beweismittel den Geschworenen in einem weiteren durchsichtigen Beutel herumgereicht wurde, erscheint auf der Leinwand neben dem Zeugenstand. Mein Vater sieht nicht mal hin. »Ja.«

»Sie haben also das Phenelzin gekauft?«

»Ich kann mich nicht daran erinnern, Mr Molto. Ich kann nur bestätigen, dass es sich offensichtlich um meine Unterschrift handelt, und Ihnen sagen, dass ich regelmäßig auf dem Heimweg Medikamente abholte, wenn Barbara mich darum gebeten hatte. Die Apotheke liegt gegenüber der Bushaltestelle, wo ich jeden Abend nach der Arbeit ausgestiegen bin.«

Molto wirft einen Blick auf seine Beweisliste und fordert im Flüsterton das nächste Dia an.

»Und zu Beweisstück 1B, eine Fotografie, haben Sie Officer Krilics Aussage gehört, dass das Fläschchen Phenelzin auf dem Foto in demselben Zustand ist wie zu dem Zeitpunkt, als er es aus dem Arzneischrank nahm.«

»Ja.«

»Wenn Sie sich Beweisstück 1B bitte einmal anschauen würden, so sehen Sie, dass nur sechs Tabletten in dem Behältnis sind, ist das richtig?«

Das Foto zeigt den Inhalt des Plastikfläschchens, die sechs Tabletten auf dem Boden, die haargenau so aussehen wie die orangefarbenen Ibuprofentabletten, die ich manchmal gegen Kopfschmerzen nehme. Kaum vorstellbar, dass so harmlos aussehende Pillen jemanden umbringen können.

»Richtig.«

»Wissen Sie, wo die vier fehlenden Tabletten geblieben sind?«

»Mr Molto, falls Sie fragen, ob ich irgendetwas mit der Entnahme dieser Tabletten zu tun hatte, so lautet die Antwort Nein.«

»Aber Sie haben Dr. Stracks Aussage gehört, dass vier Tabletten Phenelzin auf einmal genommen eine tödliche Dosis wären.«

»Das habe ich gehört.«

»Haben Sie irgendeinen Grund, dem zu widersprechen?«

»Mir ist klar, dass vier Tabletten Phenelzin auf einmal genommen eine tödliche Dosis sind. Aber Sie haben festgestellt, dass ich das Medikament am 25. September abgeholt habe. Und eine Tablette pro Tag ist die empfohlene Dosis. Der fünfundzwanzigste, der sechsundzwanzigste, der siebenundzwanzigste und der achtundzwanzigste.« Mein Vater zählt die Tage an den Fingern der linken Hand ab.

»Sie behaupten also, dass Ihre Frau kurz vor ihrem Tod täglich Phenelzin eingenommen hat?«

»Ich will hier gar nichts behaupten, Mr Molto. Ich weiß, dass Dr. Strack, Ihre Sachverständige, die Möglichkeit eingeräumt hat, dass die Kombination einer normalen Dosis Phenelzin mit bestimmten Nahrungsmitteln oder Getränken eine tödliche Reaktion auslösen könnte.«

»Dann war der Tod Ihrer Frau ein Unfall?«

»Mr Molto, sie lebte, als ich mich schlafen legte, und sie war tot, als ich aufwachte. Wie Sie wissen, kann keiner der Experten mit Sicherheit sagen, ob das Phenelzin Barbara getötet hat. Kein einziger von ihnen kann ausschließen, dass sie wie ihr Vater an einer hypertensiven Reaktion gestorben ist.«

»Nun gut, Richter Sabich, betrachten wir einmal die Möglichkeit, dass es ein Unfall war, ja?«

»Ganz wie Sie wollen, Mr Molto. Ich bin hier, um Ihre Fragen zu beantworten.« Wieder ist die Reaktion meines Vaters ein wenig zu bissig. Tommy und ich - und jetzt auch die Geschworenen - wissen alle eines über meinen Vater. Nach zwanzig Jahren auf der Richterbank und zwölf davon als Chefrichter ist er es nicht gewohnt, überhaupt irgendwem Fragen zu beantworten. Der leichte Anflug von Arroganz kommt Molto zugute, weil es den Eindruck vermittelt, dass mein Dad im tiefsten Innern sein eigenes Gesetz sein könnte.

»Sie erwähnten vorhin die Möglichkeit, dass es zu einer schweren Vergiftungsreaktion kommen kann, wenn Phenelzin in Kombination mit bestimmten Nahrungsmitteln eingenommen wird, ist das richtig?«

»So habe ich es gelernt.«

»Bleiben wir kurz dabei, was Sie gelernt haben, Richter Sabich. Als Dr. Gorvetich aussagte, dass Informationen über die Gefahren von Phenelzin in Kombination mit einer Vielzahl von Nahrungsmitteln, die Tyramin enthalten - Rotwein und älterer Käse und Hering und Hartwurst -, frei im Internet zugänglich sind, hat Sie das überrascht?«

»Mr Molto, ich wusste, dass eines der Medikamente, die Barbara gelegentlich nahm, mit bestimmten Nahrungsmitteln interagieren kann. Ja, das war mir bekannt.«

»Genau darauf wollte ich hinaus. Und aufgrund von Dr. Gorvetichs Aussage wissen wir nun auch, dass die beiden Webseiten, die Sie Ende September aufgerufen haben, genau diese Wechselwirkungen beschreiben, nicht wahr?«

Molto nickt einmal, und die beiden Seiten aus dem Internet erscheinen neben meinem Vater. Einige Zeilen darauf sind gelb hervorgehoben.

»Ich kann sehen, was auf den Seiten steht, Mr Molto.«

»Wollen Sie bestreiten, dass Sie diese Seiten Ende September letzten Jahres aufgerufen haben?«

»Das weiß ich nicht mehr, Mr Molto. Meine Frau nahm ungefähr zwanzig verschiedene Medikamente, von denen manche gefährlicher waren als andere. Gelegentlich habe ich mich, nachdem ich Barbaras Medikamente abgeholt hatte, im Internet über deren jeweilige Eigenschaften auf den neusten Stand gebracht, um meiner Frau dabei zu helfen, den Überblick zu behalten. Aber wenn Sie fragen, ob ich diese Webseiten auf meinem Computer zu Hause kurz vor Barbaras Tod aufgerufen habe —«

»Genau das ist meine Frage, Richter Sabich.«

»Soweit ich mich erinnern kann, nein.«

»Nein?« Tommy ist verblüfft. Genau wie ich. Mein Dad hat bereits eine plausible Erklärung dafür geliefert, warum er sich diese Seiten angeschaut haben könnte. Es scheint unnötig, das abzustreiten. Stern hat nicht aufgehört, sich Notizen zu machen, aber ich sehe an der Art, wie sich seine Lippen zusammenziehen, dass er nicht erfreut ist.

»Nun denn«, sagt Tommy. Er geht ein paar Schritte und streicht mit der Hand über den Tisch der Anklagevertretung, ehe er sich wieder meinem Dad zuwendet. »Aber wir sind uns doch wohl einig, dass Sie an dem Abend, bevor Ihre Frau starb, tatsächlich losgingen und Rotwein, älteren Cheddarkäse, eingelegte Heringe, Joghurt und italienische Salami einkauften. Ist das korrekt?«

»Ja, daran erinnere ich mich.«

»Also daran erinnern Sie sich, immerhin«, sagt Tommy, eine von diesen kleinen Sticheleien, wie sie in Gerichtssälen beliebt sind, um die lückenhafte Erinnerung meines Vaters zu betonen.

»Ja, das tu ich. Meine Frau hatte wieder ein Medikament abzuholen, und sie bat mich, doch gleich auch noch diese Sachen einzukaufen.«

»Die Einkaufsliste, die sie Ihnen mitgegeben hat, haben Sie wohl nicht mehr, oder, Richter Sabich?«

»Einspruch«, sagt Stern, doch mein Dad nimmt seine Begründung vorweg.

»Ich habe nichts von einer Einkaufsliste gesagt, Mr Molto. Meine Frau bat mich, eine Flasche Rotwein zu kaufen, den sie gern trank, mittelreifen Cheddar, italienische Salami und Vollkornkräcker, weil unser Sohn, der zum Dinner kam, das alles mag. Außerdem sollte ich Heringe mitbringen - die sie mochte - und Joghurt für einen Dip zu dem frischen Gemüse, das sie schon hatte.«

Es stimmt, dass ich schon seit Kindertagen gern Käse und Salami esse. Wie meine Eltern oft zum Besten gegeben haben, wollte ich mit vier oder fünf Jahren kaum etwas anderes zu mir nehmen, und das werde ich auch aussagen, wenn ich in ein paar Tagen erneut in den Zeugenstand gerufen werde. Seit dem Besuch von Debby Diaz habe ich eine ganz deutliche Erinnerung, wie meine Mom die Sachen, die mein Vater für den Abend mit mir und Anna eingekauft hatte, aus den weißen Zellophan tüten nimmt und jedes einzelne Teil begutachtet. Obwohl ich mich manchmal frage, ob ich meine Erinnerungen vor lauter Verzweiflung manipuliert habe oder inwieweit meine Hoffnung, dass mein Dad unschuldig ist, Einfluss auf mein Gedächtnis nimmt, bin ich beinahe sicher, dass mein Dad sie gefragt hat: »Hab ich das Richtige mitgebracht?« Auch das werde ich im Zeugenstand aussagen. Aber ich weiß nicht, ob meine Mom ihm genau aufgezählt hat, was er kaufen sollte, oder lediglich gesagt hat, er solle Wein und ein paar Appetizer mitbringen, oder ob er selbst vorgeschlagen hat, sich um die Vorspeisen zu kümmern. Alle drei Möglichkeiten sind denkbar, obwohl es für meine Mom tatsächlich eher typisch gewesen wäre, wenn sie ihm ganz genau gesagt hätte, was sie haben wollte. Sie könnte ihm sogar die Marken genannt und exakt beschrieben haben, in welchem Gang er was finden würde.

»Nun, Richter Sabich. Wer hat die Einnahme der Medikamente kontrolliert, die Ihrer Frau gegen ihre manische Depression verschrieben wurden? Wer hat die Medikamente tagtäglich ausgewählt?«

»Meine Frau. Wenn sie Fragen hatte, rief sie Dr. Vollman an.«

»War sie eine intelligente Frau?«

»Hochintelligent, meiner Meinung nach.«

»Und haben Sie Dr. Vollmans Zeugenaussage gehört, dass er sie wiederholt gewarnt hat, während der Einnahme von Phenelzin sehr genau darauf zu achten, was sie aß?«

»Ja, die habe ich gehört.«

»Laut seiner Aussage hat Dr. Vollman auch Sie regelmäßig darauf hingewiesen. Erinnern Sie sich an seine Warnungen vor den Gefahren von Phenelzin?«

Mein Dad schaut zu der Kassettendecke des Gerichtssaals und ihren mit Kreuzmuster verzierten Walnussholzbalken hinauf.

»Ich erinnere mich vage, Mr Molto, aber ja, ich glaube, er hat mich darauf hingewiesen.« Eine weitere Tatsache, die mein Dad einräumen muss. Ich frage mich, ob die Geschworenen seine Offenheit würdigen werden oder ob sie sie nur als raffinierten Kunstgriff eines Menschen einstufen, der den größten Teil seines Erwachsenenlebens in Gerichtssälen verbracht hat.

»Und trotzdem wollen Sie uns weismachen, dass Ihre Frau Sie bat, Wein und Käse und Salami und Heringe zu kaufen, obwohl sie wusste, dass sie Phenelzin einnahm? Und, noch schlimmer, dass sie Wein trank und Käse und Salami aß?«

»Entschuldigen Sie, Mr Molto, aber soweit ich weiß, hat niemand ausgesagt, dass meine Frau Wein getrunken oder Käse gegessen hat. Ich jedenfalls habe das ganz sicher nicht gesagt, weil ich mich nämlich nicht daran erinnern kann.«

»Ihr Sohn hat ausgesagt, dass Ihre Frau Wein getrunken hat, Sir.«

»Mein Sohn hat ausgesagt, dass ich meiner Frau ein Glas Wein eingeschenkt habe. Ich habe nicht gesehen, dass Barbara es getrunken hat. Nat und ich sind gleich danach rausgegangen, um die Steaks zu grillen, daher weiß ich nicht, wer was gegessen hat.«

Tommy stockt. Zum ersten Mal hat mein Dad ihm wirklich einen Treffer verpasst. Und mein Dad hat recht, mit allem. Aber wenn ich meine Erinnerung an diesen Abend Revue passieren lasse, meine ich, meine Mutter mit einem Weinglas in der Hand gesehen zu haben, beim Essen ganz sicher.

»Aber seien wir doch mal ehrlich, Richter Sabich. Angenommen, Ihre Frau nahm einmal täglich Phenelzin, wie Sie behauptet haben. Ergibt Ihre eigene Aussage für Sie dann einen Sinn, Sir, nämlich dass sie Ihnen eine Einkaufsliste mit lauter Sachen mitgegeben hat, die für sie tödlich sein könnten? Dass sie beispielsweise Heringe haben wollte, oder Joghurt, den sie, wie Sie sagen, zu essen beabsichtigte?«

»Da müsste ich mutmaßen, Mr Molto, aber ich würde wetten, dass Barbara genau wusste, wie viel sie ohne nachteilige Auswirkungen mogeln konnte. Wahrscheinlich hat sie mit einem Schluck Wein und einem kleinen Stückchen Hering angefangen und dann im Laufe der Jahre herausgefunden, wie viel sie vertrug. Sie hatte dieses Medikament ja schon sehr lange immer mal wieder genommen.«

»Danke, Richter Sabich.« Moltos Stimme nimmt plötzlich einen triumphierenden Tonfall an, während er dasteht und meinen Dad beäugt. »Aber falls Ihre Frau den Wein nicht getrunken hat und falls sie die Salami nicht gegessen hat und den Käse nicht gegessen hat oder die Heringe oder den Joghurt, dann kann ihr Tod doch wohl kaum ein Unfall gewesen sein, oder?«

Nur eine Sekunde verstreicht, ehe mein Dad antwortet. Er - ebenso wie ich - begreift, dass soeben etwas Wichtiges geschehen ist.

»Mr Molto, Sie bitten mich, über Dinge zu spekulieren, die sich ereignet haben, als ich nicht im Zimmer war. Es wäre ungewöhnlich für Barbara gewesen, diese Dinge in größeren Mengen zu sich zu nehmen. Und ich kann mich nicht erinnern, dass sie das getan hat. Aber sie hat sich extrem gefreut, meinen Sohn und seine Freundin zu sehen. Sie fand, die beiden wären ein tolles Paar. Daher kann ich nicht ausschließen, dass sie sich vielleicht vergessen hat. Darum nennt man es ja Unfall.«

»Nein, Richter Sabich. Ich bitte Sie nicht um Mutmaßungen. Ich versuche, Sie mit der Logik Ihrer eigenen Aussage zu konfrontieren.«

»Einspruch«, sagt Stern. »Argumentativ.«

»Abgelehnt«, sagt der Richter, der ziemlich deutlich signalisiert, dass mein Dad sich selbst in diesen Schlamassel hineingeritten hat.

»Sie haben gesagt, dass Ihre Frau regelmäßig Phenelzin genommen hat und durch einen Unfall gestorben ist, nicht war?«

»Ich habe gesagt, dass das eine Möglichkeit ist, die durch die Aussage aufgeworfen wurde.«

»Sie haben gesagt, dass es die Entscheidung Ihrer Frau war, Sie all die Sachen einkaufen zu lassen, die für sie gefährlich waren, obwohl sie Phenelzin nahm. Richtig?«

»Ja.«

»Und dann haben Sie gesagt, dass Ihre Frau das vielleicht getan hat, weil sie gar nichts davon essen wollte oder nur ganz winzige Mengen, von denen sie wusste, dass sie ihr nicht schaden würden. Richtig?«

»Ich habe Mutmaßungen angestellt, Mr Molto. Das war nur eine Möglichkeit.«

»Und Sie haben gesagt, dass sie nichts davon gegessen oder getrunken hat. Richtig?«

»Ich erinnere mich zumindest nicht daran.«

»Und falls Ihre Frau tatsächlich nichts gegessen oder getrunken hat, das Tyramin enthielt, dann kann sie auch nicht durch einen Unfall an einer tödlichen Phenelzinreaktion gestorben sein. Korrekt?«

»Einspruch«, sagt Stern von seinem Platz aus. »Der Zeuge ist kein Sachverständiger.«

Richter Yee schaut nachdenklich nach oben und gibt dem Einspruch dann statt. Mein Dad hat sich selbst in die Enge getrieben und daher Prügel einstecken müssen. Molto reitet großartig auf den kleinen Widersprüchen herum, die mir schon die ganze Zeit keine Ruhe lassen. Jetzt lässt er das Erreichte einen Moment sacken und blättert seine Unterlagen durch.

»Richter Sabich, einer der Gründe, warum wir hier darüber reden, was Ihre Frau gegessen und getrunken haben könnte, ist der, dass die Untersuchung ihres Mageninhaltes bei der Obduktion keine Antwort auf diese Frage brachte. Richtig?«

»Sie haben recht, Mr Molto. Der Mageninhalt war nicht aufschlussreich.«

»Man konnte nicht feststellen, ob sie Käse oder Steak gegessen hatte, richtig?«

»Korrekt.«

»Aber wenn die Obduktion, wie normalerweise üblich, innerhalb der ersten vierundzwanzig Stunden nach Eintritt des Todes erfolgt wäre, hätten wir jetzt eine bessere Vorstellung davon, was sie am Vorabend gegessen hatte, nicht wahr?«

»Ich habe die Aussage des Rechtsmediziners gehört, Mr Molto, und ohne vorgreifen zu wollen, Sie wissen, dass unser Sachverständiger, Dr. Weicker aus Los Angeles, da anderer Meinung ist, vor allem hinsichtlich der Frage, wie schnell die Salami oder der Hering von der Magensäure zersetzt worden wäre.«

»Aber Sie und ich und die Experten, wir können uns doch wohl auf Folgendes verständigen: Die vierundzwanzig Stunden, die Sie neben der Leiche Ihrer Frau gesessen haben, ohne irgendwen von ihrem Tod in Kenntnis zu setzen - diese Verzögerung konnte die genaue Bestimmung dessen, was sie gegessen hatte, nur erschweren.«

Mein Vater wartet. An seinen Augenbewegungen ist zu erkennen, dass er nach einem Ausweg sucht.

»Das hat es erschwert, ja.« Auch dieser Punkt kommt auf der Geschworenenbank an. Molto macht seine Sache gut.

»Ich möchte noch einmal darauf zurückkommen, was Sie uns gerade eben gesagt haben. Sie sagten, dass Ihre Frau sich an dem Abend sehr gefreut hat, Ihren Sohn und seine Freundin zu sehen.«

»Richtig.«

»Wirkte sie glücklich?«

»>Glücklich< ist ein schwieriger Begriff, Mr Molto, wenn wir über Barbara reden. Sie wirkte sehr zufrieden.«

»Aber Sie haben doch der Polizei gegenüber ausgesagt, dass Ihre Frau beim Abendessen oder an den Tagen davor nicht depressiv wirkte, ist das richtig? Haben Sie das gesagt?«

»Das habe ich gesagt.«

»War das die Wahrheit?«

»Das war mein Eindruck, zum damaligen Zeitpunkt.«

»Und das Phenelzin, Richter Sabich - Sie haben die Aussage von Dr. Vollman gehört, dass sie dieses Medikament als die Atombombe bezeichnete, die sie nur bei schlimmsten Verstimmungen nahm.«

»Das habe ich gehört.«

»Und nach den über fünfunddreißig Jahren mit Ihrer Frau, glaubten Sie da, die Stimmungen Ihrer Frau gut einschätzen zu können?«

»Ihre schweren Depressionen waren meistens offensichtlich. Aber es kam auch vor, dass ich ihren Gemütszustand vollkommen falsch einschätzte.«

»Aber noch mal, Richter Sabich, wir wissen, dass das Phenelzin für ihre schlimmsten Tage gedacht war, und am Vorabend ihres Todes sahen Sie keinerlei Anzeichen dafür, dass sie sich in einer derartigen Verfassung befand. Ist das richtig?«

»Ja.«

»Oder an den Tagen davor?«

»Nein.«

Dasselbe habe auch ich bereits ausgesagt. Wenn ich an den Abend zurückdenke, hätte ich Mom sogar als regelrecht aufgekratzt beschrieben. Sie schien sich auf alles zu freuen.

»Also, Richter Sabich, ausgehend von dem, was Sie beobachteten und auch der Polizei gegenüber aussagten, gab es keinen Grund, warum Ihre Frau täglich hätte Phenelzin nehmen müssen.«

»Noch einmal, Mr Molto, ich habe mir nie eingebildet, ihren Gemütszustand fehlerfrei einschätzen zu können.«

»Aber als Sie das Phenelzin drei Tage zuvor abholten, haben Sie sie da gefragt, ob sie sich depressiv fühlte?«

»Ich erinnere mich nicht an ein derartiges Gespräch.«

»Obwohl Sie gerade die Atombombe für sie abgeholt hatten?«

»Ich erinnere mich nicht, besonders darauf geachtet zu haben, was ich für sie abholte.«

»Obwohl Ihre Fingerabdrücke auf dem Fläschchen waren?«

»Es war mechanisch, Mr Molto. Ich holte die Medikamente ab. Ich stellte sie in den Schrank.«

»Sie sagen, dass Sie nicht registriert haben, was Sie da abholten, obwohl Sie Ende September Webseiten aufriefen und nach Informationen über das Medikament suchten?«

»Einspruch«, sagt Stern. »Der Sachverhalt ist geklärt. Richter Sabich hat bereits ausgesagt, inwieweit er sich an diese Internetrecherche erinnert.«

Die Unterbrechung stört zumindest Moltos Rhythmus, und genau das ist der Grund, warum Stern mühsam auf die Beine gekommen ist. Aber jeder im Saal weiß, dass Tommy Molto dabei ist, meinen Vater nach allen Regeln der Kunst auseinanderzunehmen. Es ergibt keinen Sinn. So einfach ist das. Bei allem Übrigen mag mein Vater recht haben. Vielleicht schätzte er ihre Stimmungen falsch ein. Es konnte passieren, vor allem wenn meine Mom wütend war, dass man ihr nichts anmerkte, bis die Wut sich plötzlich Bahn brach. Und da auch ich für sie Sachen aus der Apotheke holte, als ich noch zu Hause wohnte, kann ich ihm glauben, dass er nicht mehr registrierte, um welches von ihren zahllosen Medikamenten es sich jeweils handelte. Aber diese Internetrecherchen - die sind vernichtend. Das Einzige, was sich zur Entschärfung sagen ließe, und ich bin sicher, Stern wird das in seinem Schlussplädoyer tun, ist, dass es ziemlich seltsam wäre, wenn ein Richter und ehemaliger Staatsanwalt, der einen Mord in allen Einzelheiten plant, dafür seinen eigenen Computer in dieser Weise nutzen würde. Worauf Molto das Offensichtliche erwidern wird: dass er nicht damit rechnete, erwischt zu werden, dass er vorhatte, es so aussehen zu lassen, als wäre meine Mutter eines natürlichen Todes gestorben.

Doch das alles ist abhängig von der grotesken Epistemologie des Gerichtssaals, wo die Millionen alltäglichen Details eines Lebens plötzlich zu Beweismaterial für einen Mord werden. Tatsache ist, dass mein Dad wie fast jeder andere auch das Phenelzin registriert und sich dann drei Tage zuvor diese Webseiten angesehen haben könnte, nur um sich zu vergewissern, dass es tatsächlich die A-Bombe war, und dann den Dingen ihren Lauf zu lassen, vor allem bei der Art von Ehe, wie meine Eltern sie führten. Im Haus meiner Eltern gab es ganze Ozeane von Themen, die unangesprochen blieben - immer war die Atmosphäre aufgeladen mit Dingen, die keinesfalls gesagt werden durften. Und meine Mom mochte es nicht, wenn man sie nach ihren Medikamenten fragte. Zahllose Male hab ich sie sagen hören, sie könne auf sich selbst aufpassen.

Richter Yee weist den Einspruch ab, und mein Vater wiederholt ruhig, dass er sich beim besten Willen nicht daran erinnern könne, diese Seiten aufgerufen zu haben. Die Antwort ärgert Tommy.

»Wer lebte Ende September 2008 außer Ihnen noch in Ihrem Haus?«

»Nur meine Frau.«

»Wollen Sie behaupten, dass Ihre Frau sich auf Ihrem Computer über Phenelzin informiert hat?«

»Das wäre denkbar, wenn sie zum Beispiel eine Frage hatte.«

»Hatte sie einen eigenen Computer?«

»Ja.«

»Hat sie Ihren Computer regelmäßig benutzt?«

»Nicht regelmäßig. Und nicht lange an einem Stück. Aber mein Computer war gleich neben unserem Schlafzimmer, daher hat sie mir gelegentlich Bescheid gesagt und ihn kurz benutzt.«

Das habe ich nie mitbekommen, aber es wäre meiner Mom zuzutrauen. Alles in allem hätte sie wohl am liebsten einen Computer am Gürtel getragen. Molto hat gerade die alte Prozessregel bestätigt, dass man des Guten nie zu viel tun sollte. Die letzte Runde Fragen scheint eher an meinen Dad gegangen zu sein, und Molto, der nicht gerade ein Pokerface hat, weiß das offenbar, denn er geht mit finsterem Blick ein paar Schritte hin und her. Unschwer zu sehen, dass Tommy ein erfolgreicher Prozessanwalt war. Er ist aufrichtig. Vielleicht fehlgeleitet. Aber er macht den Eindruck eines Menschen, der keine miesen Tricks auf Lager hat.

»Nur noch mal zur Klärung, Richter Sabich, stimmen Sie mir zu, dass Ihre Frau nicht durch ein unglückliches Versehen starb?«

Mein Dad hat Sandy angewiesen, mir die Beweislage offen darzulegen, daher wusste ich schon fast alles, was hier im Gerichtssaal zur Sprache gekommen ist. Mein Dad wollte nicht, dass ich von irgendwas überrascht werde. Und ich habe darüber nachgedacht, es mit Anna erörtert, wenn sie bereit war, mir zuzuhören, und mir sogar einige Notizen gemacht. Aber darüber nachzudenken, ob dein Vater deine Mutter ermordet hat, ist sogar noch schlimmer, als darüber nachzudenken, dass die eigenen Eltern Sex haben. Ein Teil des Gehirns sagt stur: »Ausgeschlossen, Mann.« Daher habe ich mir noch nie klargemacht, wie diese Dinge rückblickend ineinandergreifen. Falls meine Mom nicht durch ein unglückliches Versehen gestorben ist, dann hat sie wahrscheinlich auch nicht täglich Phenelzin genommen. Und wenn sie nicht täglich Phenelzin genommen hat, dann hatte sie keinen Grund, sich Nachschub zu besorgen. Das wiederum bedeutet - oder scheint zu bedeuten -, dass mein Dad diese Tabletten benötigte. Und dafür gibt es nur einen erkennbaren Grund.

»Mr Molto, noch einmal, ich bin kein Pathologe und auch kein Toxikologe. Ich habe meine Theorien, Sie haben Ihre Theorien. Ich weiß nur eines mit Sicherheit, dass nämlich Ihre Theorie falsch ist. Ich habe sie nicht getötet.«

»Dann bleiben Sie also dabei, dass es ein Unfall gewesen sein könnte?«

»Die Experten sagen, dass es so gewesen sein könnte.«

»Falls Ihre Frau also möglicherweise eine Tablette täglich einnahm, dann würde das doch wohl bedeuten, dass sie das Phenelzinfläschchen mindestens viermal angefasst haben muss, richtig?«

»Allerdings.«

»Und doch hat Ihre Frau keine Fingerabdrücke auf dem Fläschchen hinterlassen, ist das korrekt?«

»Das hat Dr. Dickerman jedenfalls ausgesagt.«

»Wir wissen, dass Officer Krilic insgesamt einundzwanzig Tablettenfläschchen aus dem Arzneischrank Ihrer Frau entnommen und inventarisiert hat.«

»Ja.«

»Und laut Dr. Dickerman sind auf siebzehn dieser Fläschchen die Fingerabdrücke Ihrer Frau. Auf zwei weiteren sind verschmierte Abdrücke, die nicht eindeutig zugeordnet werden können, obwohl er einige Vergleichspunkte fand, die zu den Abdrücken Ihrer Frau passen würden. Ist das so weit richtig?«

»Ich habe seine Aussage so in Erinnerung.«

»Nun, Richter Sabich, Sie waren als Ankläger tätig, als Prozessrichter und als Richter am Berufungsgericht. In wie vielen Fällen wurden Ihrer Erinnerung nach Fingerabdrücke als Beweismittel vorgelegt?«

»Bestimmt in Hunderten von Fällen.«

»Und könnte man sagen, Sir, dass Sie im Laufe der Jahre sehr viel über Fingerabdrücke gelernt haben?«

»Wir könnten darüber streiten, wie viel genau, aber ja, ich habe viel gelernt.«

»Seit fünfunddreißig Jahren mussten Sie in der einen oder anderen Funktion über die Tauglichkeit oder Untauglichkeit von Fingerabdrücken als Beweismittel befinden. Ist das richtig?«

»Durchaus.«

»Könnte man Sie als Experten bezeichnen?«

»Ich bin nicht so ein Experte wie Dr. Dickerman.«

»Das ist niemand«, sagt Molto.

»Dann fragen Sie ihn doch einfach«, sagt mein Vater. Das könnte als unfaire Bemerkung aufgefasst werden, aber die Geschworenen haben Dickerman im Zeugenstand erlebt, und einige von ihnen lachen laut auf. Und das Gelächter breitet sich im Gerichtssaal aus. Sogar Richter Yee muss schmunzeln. Auch Molto findet die Bemerkung amüsant. Er droht meinem Dad bewundernd mit einem Finger.

»Sie wissen aber doch, dass manche Menschen auf aufnahmefähigen Oberflächen wie zum Beispiel auf Tablettenfläschchen üblicherweise Fingerabdrücke hinterlassen. Habe ich recht?«

»Mir ist bekannt, dass es grundsätzlich darauf ankommt, wie stark die Hände schwitzen. Manche Menschen schwitzen stärker als andere. Aber auch bei ein und derselben Person kann die Schweißabsonderung variieren.«

»Würden Sie mir recht geben, dass es ungewöhnlich wäre, wenn jemand auf neunzehn oder auch nur siebzehn anderen Fläschchen Abdrücke hinterlässt und dann dieses Phenelzinfläschchen« - und jetzt hält Molto das eigentliche Fläschchen in dem versiegelten Plastikbeutel hoch - »viermal anfasst, ohne Fingerabdrücke zu hinterlassen?«

»Das kann ich nicht mit Sicherheit beantworten, Mr Molto. Und ich kann mich auch nicht daran erinnern, dass Dr. Dickerman das gesagt hätte.«

Im Zeugenstand hatte Dickerman Brand, der ihn befragte, in diesem Punkt offensichtlich weniger geliefert, als der hören wollte. Zurück in der Kanzlei, hatten Stern und mein Dad gesagt, dass das bei Dickerman immer mal wieder vorkam. Der Mann betrachtete diese Unberechenbarkeit als Beweis für seine unangefochtene Bedeutung.

»Übrigens, ist Dr. Dickerman ein Freund von Ihnen?«

»Ich würde sagen, ja. Genau wie er ein Freund von Ihnen ist. Wir kennen ihn ja beide schon sehr lange.«

Molto wollte andeuten, dass Dickerman meinem Dad vielleicht möglichst wenig schaden wollte, aber in diesem Punkt hat er den Kürzeren gezogen.

»Um es ganz klar zu sagen, Richter Sabich, es gibt nur zwei Fläschchen im Arzneischrank Ihrer Frau, von denen wir ohne jeden Zweifel sagen können, dass ihre Fingerabdrücke nicht darauf sind. Entspricht das den Tatsachen?«

»Allem Anschein nach.«

»Und eines davon ist das Fläschchen Schlaftabletten, das Sie an dem Tag vor Ihrem Tod abholten, richtig?«

»Ja.«

»Und dieses Fläschchen ist voll, richtig?«

»Richtig.«

»Wenn wir also das ungeöffnete Fläschchen Schlaftabletten beiseitelassen, dann ist das einzige Behältnis aus dem Arzneischrank, von dem die Experten zweifelsfrei sagen können, dass daran keine Fingerabdrücke Ihrer Frau nachzuweisen sind, das Fläschchen Phenelzin, korrekt?«

»Es gibt keine eindeutig identifizierbaren Abdrücke von Barbara auf dem Phenelzinfläschchen und, wie Sie bereits sagten, auf drei weiteren Behältnissen.«

»Ich beantrage, die Antwort zu streichen«, sagt Molto, was bedeutet, dass mein Dad die Frage seiner Auffassung nach nicht beantwortet hat.

Richter Yee lässt sich die Frage und die Antwort noch einmal vorlesen.

»Die Antwort bleibt im Protokoll«, sagt Yee, »aber, Richter Sabich, nur eine geöffnete Flasche, wo Sachverständige mit Sicherheit sagen können, keine Fingerabdrücke von Ihrer Frau. Ja?«

»Könnte man so sagen, Euer Ehren.«

»Okay.« Yee bedeutet Molto mit einem Nicken, fortzufahren.

»Und auf diesem Fläschchen Phenelzin stammen die einzigen Fingerabdrücke, die nachgewiesen wurden, von Ihnen, richtig?«

»Meine Abdrücke sind auf diesem Fläschchen und auf sieben anderen, einschließlich der Schlaftabletten, die noch ungeöffnet waren.«

»Ich beantrage, die Antwort zu streichen«, sagt Molto wieder.

»Stattgegeben«, sagte Yee ein wenig drohend. Er hat meinem Dad die Chance gegeben, sich ordnungsgemäß zu verhalten, und der hat sie nicht genutzt.

»Soweit wir das anhand der Fingerabdrücke sagen können, sind Sie die einzige Person, die das Phenelzin angefasst hat.«

Nach dem Warnschuss von Richter Yee antwortet mein Dad vorsichtiger.

»Wenn man nur die Fingerabdrücke in Erwägung zieht, ist das richtig, Mr Molto.«

»Also gut«, sagt Tommy. Erst im Nachhinein scheint ihm klar zu werden, dass er sich angehört hat, als würde er Stern imitieren. Einer der Geschworenen, ein Schwarzer mittleren Alters, bemerkt das und lächelt. Offenbar gefällt ihm Tommys Auftritt. Molto steht jetzt wieder am Tisch der Staatsanwaltschaft und blättert seinen Notizblock durch, ein Zeichen dafür, dass er das Thema wechseln wird.

»Wäre das guter Zeitpunkt für Pause?«, fragt der Richter.

Molto nickt. Der Richter lässt seinen Hammer knallen und erklärt, dass die Verhandlung für fünf Minuten unterbrochen ist. Die Zuschauer erheben sich und fangen sofort an zu murmeln. Seit Jahrzehnten ist mein Dad in Kindle County ein bekannter Mann, vor allem bei der Bevölkerungsgruppe, die sich gern Gerichtsverfahren anschaut. Man mag es bezeichnen, wie man will, Blutdurst oder Sensationsgier, aber viele von ihnen sind hier, um seinen Sturz mitzuerleben, um sich in ihrer Annahme bestätigt zu sehen, dass Macht korrumpiert und man alles in allem ohne sie besser dran ist. Ich vermute, hier in den Sitzreihen gibt es außer mir kaum jemanden, der immer noch hofft, dass mein Dad unschuldig ist.

 

Der letzte Beweis
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